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Jelle und Neri

Jelle und Neri sitzen im Wohnzimmer und schauen zusammen Fern. Draussen scheint die Sonne, Neri langweilt sich und will zum Spielplatz gehen. Neri fragt Jelle: «Jelle, du guckst schon wieder das gleiche langweilige Programm im Fernsehen. Kommst du mit mir zum Spielplatz?» Jelle schaut gebannt in den Fernseher und scheint Neris Frage nicht zu hören. Neri wartet und fragt noch einmal nach: «Ich will zum Spielplatz, Jelle, Schaukeln gehen, kommst du mit?» Noch immer nimmt Jelle Neris Frage nicht wahr. Neri bemerkt dies und ruft nun laut: «Jelle!» Erschrocken schaut Jelle zu Neri und fragt: «Warum schreist du so, Neri, ich höre nichts mehr vom Fernseher.» Nun weiss Neri nichts mehr zu antworten und Jelle fragt was los ist. «Ich mag nicht mehr Fernsehen», antwortet genervt Neri, «draussen scheint die Sonne, lass uns zum Spielplatz gehen und Schaukeln.» «Schaukeln ist doof», antwortet Jelle, «ich will Fernsehen.» Neri findet Schaukeln super und wenn die Sonne scheint, Fernsehen doof und langweilig. «Schaukeln ist doof», findet Jelle erneut. Daraufhin fragt Neri Jelle: «Warum ist Schaukeln doof?» Jelle weiss keine Antwort, darum wiederholt Jelle die Antwort von vorhin: «Schaukeln ist doof, Fernsehen ist super.» «Beim Schaukeln kann man durch die Wolken fliegen», erwidert Neri, «wie ein Flugzeug. Man fühlt sich frei wie ein Vogel, es geht schnell vor und zurück, vor und zurück, immer höher und wer supergut ist, schafft drei Saltos hintereinander.» Ungläubig fragt Jelle: «Drei Saltos?» und erklärt daraufhin, «Aber bis zu den Wolken ist es weit zu Laufen und meine Beine sind schnell müde und kürzer als deine und darum muss ich weiter laufen als du.»

Neri überlegt kurz, hat eine Idee, springt auf, geht und holt den Einkaufswagen. «Jelle, komm!» ruft Neri, «ich habe eine Kutsche für dich, dann brauchen deine kurzen und müden Beine nicht zu laufen und wir können Schaukeln und bis zu den Wolken fliegen. Setz dich hinein, Jelle, ich bin dein Pony!» Jelle setzt sich in den Einkaufswagen und Neri verwandelt sich unter lautem Wiehern in ein Pony und galoppiert los.

 

«Neri, Neri», ruft kurz darauf Jelle, «ich will auch ein Pony sein und die Kutsche ziehen.» «Aber deine Beine sind doch müde und kurz», erwidert Neri, «wie willst du damit die Kutsche ziehen?» «Wenn ich ein Pony bin», erklärt Jelle, «habe ich keine müden und kurzen Beine, Ponys haben nie müde und kurze Beine.» «Dann», antwortet Neri, «komm und hilf mir ziehen.» «Du musst dich in die Kutsche setzen, Neri», erklärt nun Jelle, «denn eine Kutsche in der niemand sitzt, kann ein Pony nicht ziehen.» Schnell werden nun die Plätze getauscht, Neri setzt sich in die Kutsche und ruft: «Hü!» Jelle zieht mit Elan und voller Freude an und wiehert laut. (Kannst du auch Wiehern wie ein Pony?) Im rasenden Galopp fährt die Kutsche mit dem Pony an den Nachbarsgärten vorbei, fährt zweimal um den Springbrunnen bei der Bäckerei, über den Damm des Weihers, zum Spielplatz.

«Brrr, Brrr!» ruft Neri, «wir sind da!»  «Das Pony will Galoppieren», erwidert Jelle, «kein Brrr!» «Jelle, jetzt können wir Fliegen», erklärt Neri, «bis zu den Wolken, komm ich zeig es dir.» Jelle hält an und schaut, wie Neri zur Kutsche aussteigt, auf die Schaukel sitzt und vor und zurück, vor und zurück, beginnt zu Schaukeln, immer höher und höher. «Jelle!» ruft Neri begeistert, «ich kann über die Wolken sehen, ich Fliege!» «Ich will auch fliegen!», ruft Jelle vom Boden aus. «Dann steig auf die andere Schaukel», antwortet Neri, «und komm.» Jelle steigt auf die zweite Schaukel, beginnt zu Schaukeln, vor und zurück, vor und zurück, immer höher und höher. «Wir fliegen!» ruft Jelle entzückt, «Fliegen ist so schön!»

 

Jelle und Neri spielen den ganzen Nachmittag auf der Schaukel und fliegen über Wolken, Berge, Seen, Wüsten, Meere, zum Mond und zur Sonne, bis Neri schliesslich Hunger bekommt. «Jelle, ich habe Hunger», sagt Neri atemlos, «lass uns nach Hause gehen zum Abendessen.» «Ich habe keinen Hunger», erwidert Jelle, «Ich will Fliegen.» Neri denkt nach und schlägt Jelle vor: «Komm wir machen ein Wettfliegen, wer weiter und schneller fliegt hat gewonnen.» «Oh ja!» ruft Jelle begeistert und fragt, «ein Wettfliegen, wie geht das?» «Ich zeig es dir», antwortet Neri, «erst einmal so hoch Schaukeln, wie du nur kannst.» Neri schaukelt hoch, vor und zurück, vor und zurück, immer höher und höher. «Jetzt schau gut zu» ruft Neri zu Jelle, «Abspringen!» Neri springt ab, schiesst hoch und höher in die Luft, breitet die Flügel aus, fliegt durch die Luft, setzt kurz auf und fliegt mit ausgebreiteten Armen um die Schaukeln. «Jelle», ruft Neri, «komme flieg mit mir!» Jetzt schaukelt Jelle vor und zurück, vor und zurück, höher und höher, springt ab, breitet die Flügel aus, fliegt durch die Luft, setzt kurz auf und fliegt gemeinsam mit Neri um die Schaukeln. «Und jetzt mir nach», ruft Neri zu Jelle, «wir fliegen ganz schnell.»

Neri und Jelle fliegen in Windeseile zum Weiher, begeistert ruft Jelle: «Neri, schau, der Weiher, ganz klein unter uns!» «Wir fliegen», ruft Neri zurück, «und jetzt, im Sturzflug unter der Brücke durch!» Jelle und Neri jauchzen vor Freude, fliegen fünfmal um den Springbrunnen, als Neri schliesslich ruft: «Jetzt Schlussspurt zum Flugplatz! Schau die kleine Häuser, die kleinen Autos, die kleinen Menschen…» «die kleinen Gärten, die kleinen Bäume, die kleinen Hunde», ergänzt Jelle.

 

Als Jelle und Neri zu ihrem Haus kommen, fordert Neri Jelle auf: «Und jetzt Punktlandung, wir müssen tanken.» Neri und Jelle fliegen noch dreimal um den Esstisch und landen punktgenau auf den Stühlen. Schnell wird aufgetankt, um sogleich wieder in die Luft zu steigen. Neri fliegt voraus, Jelle rasant hinterher. «Wir müssen über den Sofaberg fliegen!» ruft Neri zu Jelle und steigt steil empor. Danach fliegen die beiden Seite an Seite unter dem Bett und dem Tisch durch. In der Küche wird ein letzter Proviant aufgeschnappt, ehe es im Bad zu regnen beginnt und die beiden Flugzeuge wieder sauber werden. Zum Abschluss wird ins Schlafzimmer geflogen. In einem waghalsigen Sturzflug mit Saltomortale landen die beiden atemlos im Bett. Sofort gehen die Motoren aus und Jelle und Neri träumen bis zum Morgen, vom nächsten Flug mit einer Rakete zu den Sternen.

 

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